Karlheinz Six

Drohnen über Afrika

Bild: Drohnen über Afrika

In den letzten Monaten hat Afrika eine besorgniserregende Entwicklung erlebt: Immer häufiger kommen Drohnen bei Angriffen, Aufklärung und Machtkämpfen zum Einsatz. Besonders deutlich zeigt sich das im Sudan, wo der Himmel über Khartoum, Omdurman und Port Sudan zu einem gefährlichen Schauplatz geworden ist. Was früher nur Großmächte beherrschten, wird nun von Milizen, Söldnern und sogar Rebellengruppen genutzt – mit dramatischen Folgen.


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Der Sudan – Ein Land zwischen Himmel und Hölle

Seit der Konflikt zwischen der regulären Armee (SAF) und den Rapid Support Forces (RSF) 2023 eskalierte, ist der Sudan in einem unübersichtlichen Bürgerkrieg gefangen. Beide Seiten kämpfen nicht nur am Boden, sondern längst auch in der Luft.

Im Oktober 2025 traf ein Drohnenangriff den internationalen Flughafen von Khartoum – ausgerechnet kurz bevor er nach zwei Jahren wieder öffnen sollte. Der Angriff wurde der RSF zugeschrieben und war mehr als nur ein militärischer Schlag: Er war eine symbolische Botschaft. „Ihr könnt den Flughafen reparieren, aber wir kontrollieren den Himmel“, könnte man die Botschaft zusammenfassen.

Solche Aktionen sollen zeigen, dass die RSF weiterhin über Technologie und Schlagkraft verfügt – trotz militärischer Rückschläge. Der Angriff traf keine Passagiermaschinen, doch er zerstörte das Vertrauen in die Rückkehr zur Normalität.

Von Port Sudan bis Darfur – Drohnen als Waffe der Schwachen

Der Angriff in Khartoum war kein Einzelfall. Bereits im Mai 2025 wurde Port Sudan, die provisorische Hauptstadt, Ziel mehrerer Drohnenattacken. Die Stadt ist das letzte große Rückzugsgebiet der sudanesischen Regierung und Sitz ausländischer Botschaften. Jeder Angriff dort ist ein direkter Versuch, die internationale Legitimität der Regierung zu untergraben.

In Darfur wiederum setzen Milizen Drohnen ein, um gegnerische Bewegungen auszuspähen oder gezielte Schläge gegen Versorgungsrouten auszuführen. Die einst teure Hochtechnologie ist in Afrika zu einer „Volkswaffe“ geworden.

Ein gefährlicher Trend über den Sudan hinaus

Der Einsatz von Drohnen in Afrika ist längst kein rein sudanesisches Phänomen mehr, sondern Teil eines gefährlichen Trends, der sich über den gesamten Kontinent ausbreitet.

In Niger etwa griffen im Januar 2025 bewaffnete Milizen eine frühere US-Militärbasis in Agadez an – ein deutliches Zeichen, dass auch im Sahel die Technologie angekommen ist.

In Libyen kam es im Februar zu gezielten Angriffen rivalisierender Fraktionen, bei denen moderne Kampfdrohnen eingesetzt wurden, mutmaßlich mit Unterstützung aus der Türkei und den Vereinigten Arabischen Emiraten.

In Somalia wiederum führten US-Drohnen präzise Schläge gegen Al-Shabaab-Kommandeure aus, während lokale Gruppen beginnen, eigene Modelle zu nutzen.

Afrika erlebt damit eine neue Form der Kriegsführung: Drohnen, einst Symbol technologischer Überlegenheit, sind heute erschwingliche Werkzeuge für Milizen, Söldner und Aufständische geworden – mit tiefgreifenden Folgen für Stabilität und Sicherheit.

Woher kommt die Technologie?

Woher die Drohnen kommen, ist oft schwer eindeutig nachzuverfolgen. Sicher ist jedoch, dass die meisten Systeme oder Komponenten aus Ländern wie China, Iran und Türkei stammen, die sich in den letzten Jahren als führende Exportnationen für militärische Drohnentechnologie etabliert haben.

Häufig handelt es sich um kommerzielle Drohnen – etwa von DJI oder anderen asiatischen Herstellern –, die anschließend in improvisierten Werkstätten modifiziert und zu Waffen umgebaut werden.

In einigen Fällen deuten Spuren auch auf russische Technik oder Bauteile hin, insbesondere in Regionen, in denen die Wagner-Nachfolgeorganisation „Africa Corps“ aktiv ist.

Europäische und US-amerikanische Elektronikkomponenten finden sich ebenfalls in vielen Wrackteilen wieder, meist über Zwischenhändler oder illegale Lieferketten. Das Ergebnis ist ein undurchsichtiges Netzwerk aus Produzenten, Schmugglern und Käufern, das zeigt, wie globalisiert und unkontrollierbar der moderne Drohnenkrieg inzwischen geworden ist.

Und was hat das mit Europa zu tun?

Mehr, als man denkt.
Viele der Konflikte, in denen Drohnen eingesetzt werden, führen zu Fluchtbewegungen, politischer Instabilität und neuen Migrationsrouten. Zudem könnten Waffen, Bauteile und Know-how über Schmuggelnetzwerke auch in andere Regionen gelangen.

Europäische Staaten beobachten die Lage aufmerksam – nicht zuletzt, weil einige der eingesetzten Drohnenteile aus europäischen Zulieferketten stammen. Der Konflikt im Sudan ist also kein fernes Problem, sondern Teil einer globalen Entwicklung: Die Technologie der Zukunft hat längst die schwächsten Regionen der Welt erreicht – und verändert dort alles.

Quellen

https://www.hrw.org/news/2024/09/09/fanning-flames

https://www.chinadaily.com.cn/a/202505/06/WS68196e6ea310a04af22bda3a.html

https://www.thenationalnews.com/news/mena/2025/05/06/rsf-drone-strike-hits-port-sudan-in-third-day-of-attacks/

https://theprint.in/world/red-cross-concerned-by-drone-attacks-on-critical-infrastructure-in-sudan/2585215/

https://www.theguardian.com/global-development/2025/mar/10/drone-attacks-killing-hundreds-of-civilians-across-africa-says-report

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