Seit einiger Zeit kaue ich am Text für mein neues Buch herum. Immer wieder starte ich Versuche, kleine Puzzle-Steine zu schreiben. Hier ist ein solcher: Er handelt davon, dass wir über die Liebe Gottes unreflektiert in Metaphern sprechen, die ich teilweise für problematisch halte.
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Was lest ihr heraus?
Metaphernpaare der Liebe Gottes
Wir denken also den liebenden Gott als Grundlage und Ausgangspunkt und verbinden ihn in weiterer Folge mit weiteren Eigenschaften., Metaphern, um diese Liebe Gottes genauer zu beschreiben. Ich möchte daher eine Liste von Metaphernpaare aufstellen, die verdeutlichen sollen wie wir über den liebenden Gott sprechen, was wir mit ihm verbinden und gleichzeitig, was uns daran hindert, Gott differenzierter zu denken. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit:
Metaphernpaar der Sanktion
vergeben – bestrafen
Der liebende Gott ist der vergebende, verzeihende, versöhnende Gott. Über diesen Umweg ist es möglich, den liebenden Gott dem strafenden entgegenzusetzen.
Metaphernpaar des Raumes
nah – fern
Wir sagen nicht nur, Gott ist uns nah, sondern auch z. B. Gott ist mitten unter uns. Die räumlich vorgestellte Nähe setzen wir dann mit der Liebe gleich.
Metaphernpaar der Beziehung
nah – fern
Das nah/fern-Metaphernpaar muss nicht räumlich gedacht werden. Wenn wir eine liebende Beziehung zu jemanden haben, dann sagen wir auch, er oder sie sei uns nahe, auch wenn er oder sie räumlich entfernt ist. Das macht das Metaphernpaar nah/fern mehrdeutig.
Metaphernpaar der Bewegung
begleiten – verlassen
Der liebende, nahe Gott wird vorgestellt als einer, der uns Menschen auf unserem Lebensweg begleitet.
Metaphernpaar der Helligkeit
hell – dunkel
Licht – Finsternis / Dunkelheit
Gott ist ein Gott des Lichtes, ein heller Gott, wenn er liebend gedacht wird. Dunkelheit wird als bedrohlich, beängstigend empfunden. Und so stellen wir uns keinen liebenden Gott vor.
Metaphernpaar der Sozialität
Gemeinschaft – Alleinsein
Mit dem liebenden Gott leben wir in Gemeinschaft, so wie auch der liebende, dreieinige Gott in sich Gemeinschaft ist.
Metapherpaar der Betreuung
Fürsorge – Gleichgültigkeit
Der liebende Gott ist immer auch ein fürsorglicher Gott, der uns alles gibt, was wir brauchen. Wenn er liebend ist, können wir ihm nicht gleichgültig sein.
Metaphernpaar der Wendung
Hinwendung – Abwendung
Metaphernpaar des Schauens
schaut auf uns – wendet seinen Blick ab
Die beiden letzten Paare werden mit am Ausdruck „Angesicht“ kombiniert:
wendet sein Angesicht zu – wendet sein Angesicht ab
von Angesicht zu Angesicht – Gottes Angesicht nicht sehen können
Nochmals: Die gewöhnliche, alltägliche Rede von einem liebenden Gott bewegt sich zumeist in diesen Gegensatzpaaren und ordnet Gott gleichzeitig einer Seite zu.
[…]
Ist Gott überhaupt ein liebender Gott? Oder besser gefragt: Offenbart sich Gott heute als liebender Gott?
Mein Antwortversuch: Gott ist heute der schweigende Gott. Das schließt seine Liebe nicht aus, inkludiert sie aber auch nicht automatisch. Mit dem Schweigen greife ich eine neues, ebenso übliches Metaphernpaar auf, nämlich das der Kommunikation:
Gott spricht zu uns – Gott schweigt