In vielen Kirchen Kenias wird heute kein herkömmlicher Wein mehr beim Abendmahl verwendet, sondern sogenannter neuer Wein – ein kaum oder gar nicht vergorener Traubensaft. Was zunächst nach einer kleinen liturgischen Änderung klingt, hat eine tiefere gesellschaftliche Bedeutung. Es ist ein stilles, aber klares Zeichen gegen den weit verbreiteten Alkoholmissbrauch im Land.
„Wir wollen nicht, dass das Blut Christi zum Stolperstein wird“, erklärt Pastorin Mary Achieng aus Kisumu. „Wenn jemand sein Leben lang gegen Alkohol kämpft, sollte die Kirche ein sicherer Ort bleiben – frei von Versuchung.“
Die Wurzeln des Problems
Kenia hat seit Jahrzehnten mit Alkoholproblemen zu kämpfen. Besonders in wirtschaftlich schwachen Regionen greifen viele Menschen zu billigem, oft selbstgebrautem Alkohol wie chang’aa oder busaa. Diese Getränke sind nicht nur hochprozentig, sondern häufig auch gesundheitsschädlich, da sie unter unhygienischen Bedingungen hergestellt werden.
„Ich habe Freunde durch giftigen Alkohol verloren“, erzählt der 34-jährige James Mwangi aus Nakuru. „Sie wollten nur feiern – am Ende war es ihr Tod.“
Die Ursachen liegen tief: Arbeitslosigkeit, Perspektivlosigkeit und soziale Belastungen führen viele in den Alkoholismus. Für manche ist der Rausch die einzige Flucht aus der Realität. Gleichzeitig hat Alkohol in manchen Regionen eine fest verankerte kulturelle Rolle – bei Feiern, Verhandlungen und sogar Trauungen. Diese kulturelle Verflechtung erschwert die Prävention zusätzlich.
Die Antwort der Kirche
Indem Gemeinden neuen Wein statt traditionellen Weins verwenden, setzen sie ein bewusstes Zeichen: Spiritualität braucht keinen Alkohol. Der neue Wein steht für Reinheit, Bewusstsein und Verantwortung. Viele Kirchen verstehen diese Praxis auch als Teil ihrer seelsorgerischen Arbeit.
„Wir predigen nicht nur gegen die Sünde, wir bieten Alternativen,“ sagt Pfarrer Peter Njoroge aus Nairobi. „Neuer Wein ist unsere Art zu sagen: Wir stehen mit den Menschen, die kämpfen.“
In erster Linie betrifft die Umstellung der Weinpraktiken die katholischen Diözesen in Kenia – etwa die Archdiocese of Nairobi, die Archdiocese of Nyeri oder die Archdiocese of Mombasa –, die gemeinsam beschlossen haben, einen neuen offiziellen Altarswein („Mass Wine“) einzuführen, da der bisherige Wein zunehmend auch kommerziell außerhalb von Gottesdiensten verfügbar war
Ein Symbol der Hoffnung
Der neue Wein ist somit weit mehr als eine praktische Lösung – er ist ein Symbol für Heilung und Veränderung. Er steht für eine Gesellschaft, die beginnt, Alkoholmissbrauch nicht als individuelles Versagen, sondern als gemeinsames Problem zu erkennen.
„Gott hat uns den Wein gegeben, aber auch die Weisheit, ihn recht zu gebrauchen,“ sagt Schwester Beatrice aus einer katholischen Gemeinde in Mombasa. „Manchmal bedeutet das, ganz darauf zu verzichten.“
Quellen
https://www.the-star.co.ke/news/africa/2025-10-10-catholic-altar-wine-replaced-after-becoming-a-favourite-in-kenyan-bars/ (The Star)
https://www.capitalfm.co.ke/business/2025/10/catholic-altar-wine-replaced-after-becoming-a-favourite-in-kenyan-bars/ (capitalfm.co.ke)
https://www.standardmedia.co.ke/health/national/article/2001468888/alcohol-is-still-the-most-abused-drug-in-kenya-nacada (The Standard)
https://www.capitalfm.co.ke/news/2023/05/1-in-6-kenyans-aged-struggling-with-drug-abuse-nacada-report/ (capitalfm.co.ke)
https://movendi.ngo/policy-updates/2025/08/25/kenyas-alcohol-policy-sparks-public-support-and-a-manufactured-industry-backlash/ (Movendi International)
https://allafrica.com/stories/202505130454.html (allAfrica.com)
https://www.mwakilishi.com/article/kenya-news/2025-10-09/kenyan-catholic-church-replaces-altar-wine-with-new-south-african/ (mwakilishi.com)


